Ergotherapie
Allgemeines über die Ergotherapie
Ergotherapie gehört wie Physiotherapie, Logopädie und Podologie zu den medizinischen Heilberufen. Der Begriff Ergotherapie stammt aus dem Griechischen und besagt so viel wie: Gesundung durch Handeln und Arbeiten (ergon = Werk, Tat, Aktivität, Leistung; Therapie = Krankheitsbehandlung).
Die Ergotherapie hilft Menschen dabei, eine durch Krankheit, Verletzung oder Behinderung verlorengegangene oder noch nicht vorhandene Handlungsfähigkeit im Alltagsleben (wieder) zu erreichen. Funktionen und Fähigkeiten eines Menschen können zum Beispiel durch einen Schlaganfall verloren gehen oder bei Kindern aufgrund von Entwicklungsstörungen in nicht ausreichendem Maße ausgebildet sein.
Handlungsfähig im Alltagsleben zu sein, bedeutet, dass ein Mensch die Aufgaben, die er sich stellt und die ihm durch sein Leben bzw. die Gesellschaft gestellt werden, für sich zufriedenstellend erfüllen kann.
Das Ziel – größtmögliche Selbständigkeit und Unabhängigkeit im Alltags-, Schul- und Berufsleben – wird mittels verschiedener ergotherapeutischer Maßnahmen verfolgt.
Ergotherapie kommt auf Grundlage einer ärztlichen Verordnung zum Einsatz und zählt zu den Heilmitteln. Die wesentlichen gesetzlichen Grundlagen bilden das Ergotherapeutengesetz und die Sozialgesetzbücher (SGB) V und IX. Kostenträger sind die gesetzliche oder private Krankenversicherung, Träger von Einrichtungen, Berufsgenossenschaften, aber auch Stadt, Land oder Bund. Die ergotherapeutische Leistung kann aber auch privat bezahlt werden.
Die ergotherapeutische Behandlung erfolgt auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung (Rezept). Eine ergotherapeutische Verordnung kann sowohl vom Allgemein- als auch vom Facharzt (Kinderarzt, Orthopäde, Neurologe…) ausgestellt werden.
Diese enthält die Diagnose und die durchzuführende ergotherapeutische Maßnahme. Auch Umfang und Frequenz der Behandlungen werden im Rahmen der Verordnung festgelegt.
Kinder und Jugendliche können auch bei Verdacht auf eine Entwicklungsverzögerung oder Wahrnehmungsstörung zur Abklärung in unsere ergotherapeutische Praxis überwiesen werden.
Die Kosten übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen, die privaten Krankenversicherungen oder die Berufsgenossenschaften.
Bei Patienten der gesetzlichen Krankenkassen fällt die übliche Zuzahlung an, außer es besteht eine Befreiung. Bei Kindern entfällt die Zuzahlung.
Auch ohne Rezept können Sie als Selbstzahler einen Teil unserer therapeutischen Leistungen in Anspruch nehmen.
Ergotherapie im Bereich der Orthopädie und Handtherapie
Im Mittelpunkt der Ergotherapie in der Orthopädie stehen Klienten jeder Altersgruppe, die aufgrund von angeborenen, durch Unfälle verursachten oder durch chronische Erkrankungen hervorgerufenen Funktionsstörungen im Stütz- und Bewegungsapparat in ihrer Selbstständigkeit und Handlungsfähigkeit beeinträchtigt sind.
Bei ergotherapeutischen Behandlungen in der Kinderorthopädie z.B. geht es auch um die Prävention (Vorbeugung) von Spätfolgen. Bei Erwachsenen besteht das Ziel oft darin, die Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit zu ermöglichen, z.B. im Bereich der Handrehabilitation.
Da die Ergotherapie grundsätzlich klientenzentriert ausgerichtet ist (hier z.B. Erhebung der beruflichen Vorgeschichte), sind die folgenden Erläuterungen immer nur Beispiele. Für jeden einzelnen Patienten werden anhand der ärztlichen Diagnose und der ergotherapeutischen Anamnese (Befunderhebung) Wege der Intervention (Behandlung und Beratung, auch zur Prävention) verfolgt – immer mit dem Ziel größtmöglicher Selbstständigkeit und Lebensqualität.
In jedem Fall sind die individuellen Maßnahmen darauf ausgerichtet, die Handlungsfähigkeit zu fördern und eventuell notwendige Hilfsmittel anzubieten, einzusetzen und Kompensationsstrategien zu erlernen. Dem großen Spektrum der Funktionsstörungen stehen viele und vielseitige Behandlungsmöglichkeiten gegenüber.
- Funktionsstörungen durch Verletzungen der Knochen, Muskeln, Sehnen und Nerven (vor allem am Rumpf und an den oberen Extremitäten)
- Krebserkrankungen (z.B. Tumore der Knochen, Muskeln oder Nerven)
- Bewegungseinschränkungen nach Amputationen
- Entzündliche und degenerative Gelenkerkrankungen (z.B. Rheuma, rheumatoide Arthritis, Arthrose)
- Angeborene Fehlbildungen (z.B. des Rumpfes und der oberen Extremitäten)
- Beeinträchtigungen infolge von Verbrennungen
- Erkrankungen der Wirbelsäule
Ausgehend von den individuellen Funktionsstörungen zielt die Förderung auf die Wiedergewinnung bzw. den Erhalt physiologischer/funktioneller Bewegungen, Bewegungsmuster und Fertigkeiten (z.B. in den Bereichen Koordination, Grob- und Feinmotorik, sensorische Wahrnehmung).
Die Ergotherapie bietet spezielle Trainingsverfahren von bedeutungsvollen Handlungen, immer im Hinblick auf die persönliche, häusliche und berufliche Selbstständigkeit.
- Übungen zur Beweglichkeit, Muskelkraft, Ausdauer und Koordination
- Belastungserprobung
- Beratung und Training zum Gelenkschutz
- Training mit Prothesen und anderen Hilfsmitteln
- Beratung, individuelle Anpassung und Herstellung geeigneter Hilfsmittel und deren Erprobung (z.B. spezielle Finger-, Hand- und Armschienen)
- Begleitung und Beratung in Bezug auf Probleme bei der Umsetzung erlernter Strategien in alltäglichen Anforderungssituationen (auch für Angehörige, Berufskollegen, Pflegedienst)
- Beratung in Fragen der räumlichen und sozialen Umweltfaktoren
- Kompensationstraining (z.B. Erlernen neuer Bewältigungsstrategien der Alltagsprobleme)
Ergotherapie im Bereich der Geriatrie
Im Mittelpunkt der Geriatrie (Altersheilkunde) steht der alternde Mensch. Patienten dieser Altersgruppe leiden häufig unter komplexen Beeinträchtigungen ihrer Selbstständigkeit und Handlungsfähigkeit durch Mehrfacherkrankungen (Multimorbidität).
Daher bestimmen ihre akuten oder chronischen Krankheitsbilder beziehungsweise die Krankheitsfolgen die ergotherapeutischen Maßnahmen. Diese werden auch durch Veränderungen im sozialen Umfeld (z.B. Verlust des Lebenspartners) und der Wohnsituation (z.B. Umzug in ein neues Wohn- und Lebensumfeld) beeinflusst. Altersbedingte physiologische Funktionseinschränkungen stören das gesundheitliche Gleichgewicht, jede
zusätzliche Störung oder Erkrankung ist somit eine erhebliche physische, psychische und soziale Belastung. Die Ergotherapie in der Geriatrie stellt sich diesen Besonderheiten.
Hierbei werden meistens auch (pflegende) Angehörige einbezogen, beraten und angeleitet.
Die Ergotherapie ist grundsätzlich klientenzentriert ausgerichtet. Für jeden einzelnen Patienten werden anhand der ärztlichen Diagnose und der ergotherapeutischen Befunderhebung (Anamnese) Wege der Behandlung und Beratung, auch zur Prävention (Intervention) verfolgt – immer mit dem Ziel größtmöglicher Selbstständigkeit und Lebensqualität.
- Neurologische Erkrankungen (z.B. Schlaganfall, Parkinson, Multiple Sklerose)
- Demenzielle Erkrankungen (z.B. Alzheimer, vaskuläre Demenz)
- Altersdepression
- Degenerative und rheumatische Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystems
- Zustand nach Unfallereignissen (z.B. Frakturen), infolge von Amputationen und anderen operativen Eingriffen (z.B. der Orthopädie)
Auch bei älteren Patienten kann die ergotherapeutische Behandlung einer drohenden oder weiteren Schädigung vorbeugen (Prävention). Selbst bei einem schwerwiegenden Krankheitsverlauf kann sie alle Beteiligten unterstützen und den praktischen Umgang mit Beeinträchtigungen so fördern, dass sich insgesamt die Selbstständigkeit der Patienten, die Teilhabe am Leben und die Lebensqualität verbessert.
Therapieziele und Aufgaben können sein:
- Selbstständigkeitstraining (individuell an die Lebenssituation angepasst)
- Anleitung zur Selbsthilfe beim Essen und Trinken, Körperpflege und Bekleidung, Fortbewegung sowie Kommunikation für größtmögliche Unabhängigkeit
- Verbesserung und Erhalt der motorisch-funktionellen Fähigkeiten für Mobilität und Geschicklichkeit
- Verbesserung und Erhalt von sensorischen Fähigkeiten
- Aktivierung kognitiver und neuropsychologischer Fähigkeiten, z.B. für bessere Orientierung und Aufmerksamkeit
- Beratung und Anleitung der Angehörigen bei der Alltagsbewältigung, der Pflege sowie Wohnraum- und Hilfsmittelanpassung
- Unterstützung und Erhalt der psychischen Stabilität im Grenzbereich zwischen Geriatrie und palliativer Versorgung gehören auch Erfahrungen mit schwerster Pflegebedürftigkeit, mit Sterben und Tod zum Berufsalltag der geriatrischen Ergotherapie.
Anhand ausgewählter Techniken und lebenspraktischer Medien (z.B. Alltagsgegenständen) werden verloren gegangene Fähigkeiten neu erlernt oder (be-)übt. Bedürfnisse und Wünsche werden deutlich, teils können auch in Gruppen soziale Kompetenzen gefördert werden. Daneben bieten aktuelle Verfahren der Neuropsychologie spannende Möglichkeiten z.B. durch Hirnleistungstraining. So können geistige und emotionale Kompetenzen gefördert und unterstützt werden.
Ergotherapie im Bereich der Pädiatrie
Ergotherapie kommt bei Kindern und Jugendlichen angefangen vom Säuglingsalter zum Einsatz, wenn sie in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind und damit eine Beeinträchtigung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben des Kindes und seiner Familie droht oder bereits besteht.
Da die Ergotherapie grundsätzlich klientenzentriert ausgerichtet ist, sind die folgenden Erläuterungen immer nur Beispiele. Für jeden einzelnen der jungen Patienten werden anhand der ärztlichen Diagnose und der ergotherapeutischen Anamnese (Befunderhebung) Wege der Intervention (Behandlung und Beratung, auch zur Prävention) verfolgt.
Im Bereich der Pädiatrie ist der Einbezug der Angehörigen und Bezugspersonen in allen Fragen der Behandlung von höchster Bedeutung. Ziel ist immer die größtmögliche Förderung des Kindes, seiner altersgemäßen Entwicklung von Selbstständigkeit und Handlungsfähigkeit.
Häufig bestehen Störungen des Bewegungsablaufs in Folge von Hirnschädigungen, vielfach auch Entwicklungsstörungen motorischer Funktionen (Grobmotorik und Feinmotorik).
Hierdurch ist oft die Koordination beeinträchtigt, sodass Tätigkeiten nur bedingt oder überhaupt nicht ausgeführt werden können. Sinnesbehinderungen und Beeinträchtigungen der kognitiven Entwicklung im Zusammenhang mit Wahrnehmungsstörungen, z. B. auditive Wahrnehmung (Hörfähigkeit) und visuelle Wahrnehmung (Sehfähigkeit), führen wiederum zu Störungen in der Sozialentwicklung und Kommunikationsfähigkeit. Das große Spektrum der
Krankheitsbilder und Diagnosen in der Pädiatrie beinhaltet sowohl pränatale (vorgeburtliche) Syndrome (z. B. Trisomie 21) als auch psychische Erkrankungen (z. B. Essstörungen) und bietet viele Entwicklungschancen, die in der Ergotherapie genau erfasst und verfolgt werden.
- Identifizierung der Probleme des Kindes bei der Betätigung in Alltag, Kindergarten/Schule und Freizeit
- Festlegung konkreter Behandlungsziele (je nach Alter) gemeinsam mit dem Kind und seiner Familie und anderen Bezugspersonen
- Genaue Beobachtung und Förderung körperlicher und kognitiver (geistiger) Fähigkeiten des Kindes
- Genaue Beobachtung der auf das Kind einwirkenden Umwelteinflüsse (Umweltfaktoren), einschließlich der Interaktionen zwischen Kind und Eltern
- Unterstützung von Handlungen und Handlungsmöglichkeiten des Kindes (besonders unter Berücksichtigung von alterstypischen und individuellen Entwicklungsfortschritten)
- Förderung von psychischer Stabilität und Selbstvertrauen (z. B. bei Essstörungen)
- Förderung sozialer Kompetenzen (z. B. bei Autismus)
- Unterstützung kognitiver Funktionen (z. B. Konzentration und Merkfähigkeit, Orientierung zu Person, Zeit und Raum, Wahrnehmungsselektion und -verarbeitung)
- Unterstützung körperlicher Funktionen (Beweglichkeit und Geschicklichkeit
Neuere Behandlungsformen (u.a. auf Basis der Neurowissenschaften) wie das Neuromotor-Task-Training (NTT) oder die Cognitive Orientation to daily Occupational Performance (CO-OP) ergänzen zunehmend langjährig erfolgreiche Behandlungskonzepte wie die Sensorische Integrationstherapie (SI) oder Therapien nach Bobath oder Frostig. Die Beratung und Begleitung der Eltern erfolgt in Form von Gesprächen oder der Anleitung gemeinsamer Aktivitäten. Es werden Informationen bereitgestellt und Problemlösungen erarbeitet, in Kooperation mit den jeweiligen betreuenden Stellen.
Ergotherapie im Bereich der Neurologie
Die Neurologie ist einer der größten medizinisch-therapeutischen Fachbereiche. Sie befasst sich mit Erkrankungen des Zentralnervensystems, also des Gehirns und des Rückenmarks, und mit Verletzungen des peripheren Nervensystems.
Patienten mit neurologischen Beeinträchtigungen erfahren vielfältige Einschränkungen ihrer Handlungsfähigkeit in allen Lebensbereichen. Um die Betroffenen zu größtmöglicher Selbstständigkeit und gesellschaftlicher Teilhabe zu befähigen, bedient sich die Ergotherapie aktueller Erkenntnisse der Neurowissenschaften und anderer Bezugsdisziplinen zur Entwicklung differenzierter Testverfahren und effektiver Behandlungsmethoden.
Schädigungen des Nervensystems sind bedingt durch akute Ereignisse, wie z. B. Schlaganfall, Schädel-Hirntrauma und Cerebralparesen, oder durch chronische neurologische Erkrankungen, beispielsweise M. Parkinson oder Multiple Sklerose (Encephalomyelitis disseminata). Sie können vielfältige Funktionseinschränkungen, wie Lähmungen, Sensibilitätsstörungen oder kognitive Beeinträchtigungen bewirken. Es stellt sich ein großes Spektrum von Symptomen dar, die in der ergotherapeutischen Diagnostik im Hinblick auf die Alltagsbewältigung analysiert und ganzheitlich behandelt werden. Gegebenenfalls geschieht dies in enger Zusammenarbeit mit einem interdisziplinären Team.
Das Ziel der Ergotherapie ist es, Menschen mit neurologischen Einschränkungen bei der Durchführung von für sie bedeutungsvollen Tätigkeiten in den Lebensbereichen Selbstversorgung, Beruf und Freizeit/Erholung zu stärken. Die Fähigkeiten und Einschränkungen von Patienten, wie auch die Möglichkeiten und Anforderungen ihrer Umwelt werden als System verstanden und in ihrer Wechselwirkung berücksichtigt.
Mögliche Therapieinhalte
- Wiederherstellung, Erhalt und Verbesserung funktioneller Bewegungen, Bewegungsmuster und Fertigkeiten (z. B. in den Bereichen Grob- und Feinmotorik, Gleichgewichtsfunktionen, Koordination, Tonusregulation, Körperwahrnehmung)
- Training von Alltagsfertigkeiten, z. B. im Hinblick auf die persönliche, häusliche und berufliche Selbstständigkeit
- Ausgleich und Minderung der Folgen von neuropsychologischen Einschränkungen, beispielsweise in den Bereichen Aufmerksamkeit, Handlungsplanung, Konzentration, Merkfähigkeit oder Gedächtnis sowie Entwicklung eines Störungsbewusstseins
- Auswahl und Training zweckmäßiger Kompensationsstrategien zur selbstständigen Alltagsbewältigung trotz vorhandener Einschränkungen
- Beratung, individuelle Anpassung, Herstellung und Erprobung geeigneter Hilfsmittel für die Selbstversorgung und eine verbesserte gesellschaftliche Teilhabe
- Ergonomische Wohnraum-, Arbeitsplatz- und Lebensumfeldanpassung für eine größtmögliche, ressourcenorientierte Handlungsfähigkeit
- Schulung und Beratung von Patienten und Angehörigen bezüglich möglicher Strategien, technischer Unterstützungsmöglichkeiten und sozialer Hilfen zur Integration ins persönliche Umfeld und zur weitgehend eigenverantwortlichen Alltagsbewältigung
Der ergotherapeutischen Behandlung geht eine umfassende ergotherapeutische Diagnostik voraus, die die für den Patienten bedeutungsvollen Handlungsprobleme und deren Stellenwert für die selbstständige Alltagsbewältigung und Teilhabe erhebt. Entsprechend der vielfältigen Krankheitsbilder und Symptomkomplexe kommen verschiedene spezifische Messinstrumente und Behandlungskonzepte zum Einsatz. Die gemeinsame therapeutische Arbeit setzt dann direkt an Alltagsaktivitäten an.
In vielen Fällen müssen hierfür zunächst einzelne Körperfunktionen optimiert und in komplexere Aktivitäten integriert werden, in der Regel werden Alltagshandlungen jedoch selbst zum Therapiemedium. Die CIMT-Therapie (Constraint-Induced-Movement-Therapie) und die Spiegeltherapie richten sich z. B. gezielt darauf, die Arm- und Handfunktion (z. B. nach einem Schlaganfall) zu verbessern. Auch die Methoden nach Bobath, Perfetti oder Affolter bieten Interventionsansätze zur Behandlung von Lähmungen, Sensibilitätsstörungen und neuropsychologischen Beeinträchtigungen. Der konsequente Bezug zur individuell bedeutsamen Handlung unter den individuellen Umständen der Klienten charakterisiert dabei die ergotherapeutische Behandlung.
Ergotherapie im Bereich der Psychiatrie
Die Psychiatrie und Psychosomatik ist heute – zusammen mit der Neurologie – einer der größten medizinisch-therapeutischen Fachbereiche, in dem die Ergotherapie sehr wirksam ihre speziellen Kompetenzen und Verfahren einbringen kann. Sie befasst sich hier mit Patienten aller Altersstufen und mit vielerlei psychiatrischen und psychosozialen Störungen, Beeinträchtigungen und zeitweiligen oder auch chronischen Erkrankungen.
Da die moderne psychiatrische Ergotherapie klientenzentriert ausgerichtet ist, sind die folgenden Erläuterungen stets beispielhaft und als Möglichkeit zu verstehen. Mit jedem einzelnen Patienten werden anhand der ärztlichen Diagnose und der ergotherapeutischen Befunderhebung Wege der Interventionen, d.h. Behandlung und Beratung sowie auch zur Prävention, vereinbart und verfolgt – immer mit dem Ziel größtmöglicher Selbstständigkeit, Teilhabe und Lebensqualität.
Das große Spektrum der psychiatrischen Erkrankungen, Diagnosen und psychosozialen Störungen reicht von Angst- und Zwangsstörungen, Belastungs- und Anpassungsstörungen, Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, affektiven Störungen wie Depressionen und Manien bis hin zu Psychosen sowie Suchterkrankungen u.a. Alkohol-, Drogen-, Medikamenten- und (Glücks-) Spielsucht sowie Süchte der neuen Medien. In verschiedenen Lebensphasen der Patientinnen und Patienten können auch alterstypische Erkrankungen auftreten, u.a. können Entwicklungs- und Verhaltensstörungen mit Beginn in Kindheit und Jugend vorliegen, oder – häufig bei Menschen im höheren Lebensalter – demenzielle Syndrome und Mehrfacherkrankungen.
Eine ergotherapeutische Behandlung ist immer auch angezeigt, um einer drohenden oder weiteren Schädigung vorzubeugen (Prävention). In der Psychiatrie gelingt es oft, die Verarbeitung eines Krankheitsverlaufes oder einer Krisensituation zu unterstützen und so den Umgang mit einer Beeinträchtigung im Alltag zu verbessern.
- psychischen Grundleistungsfunktionen (u.a. Antrieb, Motivation, Belastbarkeit, Ausdauer)
- emotionalen Kompetenzen (u.a. psychische Stabilität, Gefühlsausdruck, Erlebnisfähigkeit)
- Introspektion und realitätsbezogener Selbst- und Fremdwahrnehmung und -einschätzung
- einem positiven Selbstbild, Selbstvertrauen und Ich-Stärke
- Kommunikations- und Interaktionsfähigkeit sowie sozialen Kompetenzen
- kognitiven Funktionen (u.a. Aufmerksamkeit, Konzentration und Merkfähigkeit)
- situationsgerechtem Verhalten sowie von arbeitsrelevanten Fähigkeiten (z.B. Pünktlichkeit, Flexibilität und Selbstorganisation)
- lebenspraktischen Fähigkeiten und Entwicklung von Strategien zur Selbstfürsorge, Selbstversorgung und Selbstständigkeit
So vielfältig wie die möglichen Ziele in der Therapie sind auch die ergotherapeutischen Methoden und Verfahren im Rahmen der Behandlung.
Kompetenzzentrierte Methode
Durch sachbezogene, alltagsorientierte Übungen sollen verloren gegangene oder nicht vorhandene Kompetenzen erworben werden. Dies kann u.a. durch die Nutzung lebenspraktischer, handwerklicher und/oder arbeitsbezogener Medien zur Übung bestimmter Tätigkeiten gefördert werden. Der Patient soll eine bessere Orientierung und Selbsteinschätzung (Introspektion) erlangen und lernen, einen Bezug zur Realität herzustellen.
Die über diesen Behandlungsweg erreichten Erfolge helfen dann Stabilität und Selbstvertrauen zu stärken.
Interaktionelle Methode
In diesem überwiegend prozessorientierten Gruppenangebot mit soziozentrierten, interaktionellen Übungen steht die Förderung von sozialen Kompetenzen und Beziehungsfähigkeiten, Selbst- und Fremdwahrnehmung, Kommunikations- und Interaktionsfähigkeit sowie situationsgerechtem Verhalten im Vordergrund.
Ausdruckszentrierte Methode
Den subjektbezogenen, ausdruckszentrierten Übungen liegen tiefenpsychologisch orientierte Konzepte zu Grunde. Der Patient soll sich Möglichkeiten erschließen, über kreativ-gestalterisches Tun und Handeln zur besseren Wahrnehmung von Erlebnisqualitäten zu finden, d.h. lernen, Wünsche, Bedürfnisse und Gefühle insbesondere nonverbal, aber auch verbal zum Ausdruck zu bringen. Dabei steht der Gestaltungsprozess im Vordergrund als Weg zu besserem Selbstverständnis und Einblick in die darin begründeten persönlichen Reaktions- und Verhaltensweisen.
Kognitives Training/Hirnleistungstraining
Diese neuropsychologisch orientierte Behandlung nutzt neueste wissenschaftliche Erkenntnisse, die zeigen und nachweisen, wie kognitive Fähigkeiten, u.a. Konzentration und Merkfähigkeit, gefördert werden können.
Schienenbau
Ein wichtiger Bestandteil ist die ergotherapeutische Schienenversorgung.
Bei den unterschiedlichsten Krankheiten und Verletzungen der Hand, aber auch bei rheumatologischen Erkrankungen können Schienen sowohl präventiv als auch postoperativ angezeigt sein. Die Ziele sind dabei vielfältig, z.B. die Ruhigstellung oder die Verbesserung des Bewegungsausmaßes an einem Gelenk, eine Funktionsverbesserung oder ein Funktionsersatz, die Reduzierung von Schmerzen und/oder Schwellung sowie die Korrektur von Fehlstellungen.
Hilfsmittelberatung
Neben der Therapie bieten wir auch die Anpassung, Organisation und ggf. die Herstellung von benötigten Hilfsmitteln an. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit Ärzten, Sanitätshäusern und den Krankenkassen. Sie werden individuell auf die speziellen Bedürfnisse des Patienten angepasst und deren Handhabung beübt.
Heim- und Hausbesuche
Ergotherapeutische Behandlungen können bei Bedarf auch im häuslichen Umfeld und/oder Pflegeheim stattfinden, müssen aber vom Arzt verordnet werden. Hier können besonders Alltagsaktivitäten gefördert werden oder eine Anpassung des Wohnumfeldes stattfinden.
Quellen:
https://www.dve.info/ergotherapie/fachbereiche/neurologie
https://www.dve.info/resources/pdf/ergotherapie/fachbereiche/90-pdf-gruppe-09-neurologie
https://www.dve.info/ergotherapie/fachbereiche/psychiatrie
https://www.dve.info/resources/pdf/ergotherapie/fachbereiche/87-pdf-gruppe-04-psychiatrie
https://www.dve.info/ergotherapie/fachbereiche/geriatrie
https://www.dve.info/resources/pdf/ergotherapie/fachbereiche/88-pdf-gruppe-05-geriatrie/file
https://www.dve.info/ergotherapie/fachbereiche/paediatrie
https://www.dve.info/resources/pdf/ergotherapie/fachbereiche/89-pdf-gruppe-06-paediatrie/file
https://www.dve.info/ergotherapie/fachbereiche/orthopaedie-traumatologie-rheumatologie-handtherapie
https://www.dve.info/resources/pdf/ergotherapie/fachbereiche/86-pdf-gruppe-03-orthopaedie/file